Mahdi A. on Berlin

Mahdi A. describes his initial helplessness after his arrival in Berlin, what the city means to him now and his plans for the future.

Mahdi © private
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Der ganze Anfang war sehr komisch. Ich hatte einfach gar keine Ahnung, wo ich bin, was ich mache, was ich überhaupt machen soll, wo ich schlafen soll. Ich hatte einfach keine Ahnung. Aber dieser Mann, der mir geholfen hat, war damals schon seit zwei Jahren in Deutschland und er hat gesagt, ich muss zur Hauptstraße gehen und mich da anmelden. Da habe ich mich erst einmal angemeldet, beim LaGeSo, 11Landesamt für Gesundheit und Soziales, war bis 2016 die zentrale erste Anlaufstelle für Geflüchtete in Berlin, bei der u.a. vorläufige Identitäsnachweise ausgegeben wurden. sie haben Fingerabdrücke genommen und mir ein Papier geben, so etwas wie einen Ausweis. Aber ich hatte noch nichts zu schlafen. Dann haben sie mir so einen Zettel gegeben, wo ich schlafen soll, zu welchem Heim ich gehen darf – und dann war ich in einem Heim in Lichtenberg, in Friedrichsfelde-Ost. Dort waren nur geflüchtete Jugendliche unter 18.

Die Stimmung dort war nicht so sympathisch für mich. Ich habe so ein komisches Gefühl gehabt, weil ich mir dachte, dass alles hier passieren kann. Weil ich ohne Eltern hier war. Die anderen auch, aber es gab auch Leute, die älter waren als 18, sich aber für unter 18 angegeben haben. Die meisten waren Afghanen aus dem Iran, so wie ich. Es gab auch Leute aus Syrien, aus dem Irak und so. Die ersten drei Wochen war es etwas komisch, aber dann ist die Stimmung etwas besser geworden, weil ich dann Freunde hatte. Ich habe andere Jugendliche kennengelernt. Dann war es okay. Da war ich drei Monate, dann sollten alle Jugendliche in ein anderes Heim am Alexanderplatz umziehen. Dort war ein sehr großes Hostel mit drei oder vier Etagen – alles voller geflüchteter Jugendlichen. Unsere Gruppe war in einer Etage. Das war ein bisschen anstrengender, weil es viel größer war. Wenn wir essen wollten, hatten wir bestimmte Stundenpläne.

Mahdi © private
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Acht Monate hatte ich keine Schule, weil es keine Plätze gab. In den acht Monaten gab es nichts zu tun. Ich habe im Heim herumgehangen, mit Freunden Fußball gespielt, ein bisschen Deutsch gelernt … aber da ich Englisch konnte, habe ich nicht so viel Deutsch gelernt. Ich habe sogar für die anderen Dolmetscher gespielt. Diese Wartezeit war eine Zeitverschwendung.

Dann bin ich zur Schule gegangen, erstmal zur Willkommensklasse, um Deutsch zu lernen. Nach vier Monaten habe ich B1 abgeschlossen, dann durfte ich in die normale Schule. Die Schule war im Wedding, am Gesundbrunnen. Das war die achte Klasse der Sekundarschule. Dort war ich drei Jahre und habe dann letztes Jahr meinen Mittleren Schulabschluss gemacht. Beim ersten Versuch hatte ich Glück, ich musste nichts wiederholen. Jetzt gehe ich immer noch zur Schule, ich mache gerade mein Fachabitur. Das erste Jahr habe ich schon bestanden, und jetzt muss ich nur noch ein Jahr zur Schule. Ich bin auf einer Schule für Modedesign. Ich will gerne etwas in Richtung Mode studieren. […]

Wer will nicht gern einen deutschen Pass bekommen? Aber das ist nicht mein Lebensziel. Mein Lebensziel war, in Frieden zu leben, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, meine eigene Zukunft aufzubauen – was ich im Iran nicht machen konnte. Im Iran war ich wie ein Sklave, der jeden Tag arbeiten sollte, ohne irgendwelche Zukunft. Ich hatte gar keine Vorstellung, was ich nächstes Jahr machen kann. Aber hier habe ich eine Vorstellung für das nächste Jahr. Nächstes Jahr mache ich mein Fachabitur, hoffe, dass es klappt, dass ich meine Prüfungen bestehe. Im Iran war das nicht möglich. Das ist mein Ziel: Ein normales Leben zu haben. Ohne kritisiert zu werden, weil ich Afghaner bin. […]

Berlin ist meine Stadt. Ich bin sehr stolz, dass ich in Berlin wohne. Weil ich auch Freunde in anderen Städten in Deutschland habe, die alle neidisch sind, weil sie Berlin cooler finden. Und ich finde Berlin auch cooler als die vielen Städte, in denen ich in Deutschland war. Nirgendwo ist es wie in Berlin. Berlin ist Multikultur, es gibt Leute aus vielen verschiedenen Ländern. Die Stimmung ist einfach lockerer in Berlin. Deswegen mag ich es, in Berlin zu wohnen.

Es ist nicht ganz wie Zuhause zu sein. Ich wohne alleine und habe oft mit Einsamkeit zu tun. Aber ich habe Freunde, ich kenne mich aus. Wenn ich irgendwohin fahre, brauche ich kein Google Maps. Sonst würde ich sagen, ich fühle mich zu Hause in Berlin – manchmal bin ich auch allein. […] In einem Jahr bin ich vielleicht ein Berliner. Ich habe immer noch nicht so viel Kontakt mit deutschen Jugendlichen – also nicht so, wie die, die hier geboren wurden. Deswegen brauche ich noch etwas Zeit, ein Jahr vielleicht.

Ich habe nicht wirklich Sehnsucht nach dem Iran. Meine Familie würde ich gern einmal besuchen. Aber den Iran selbst habe ich nie vermisst. Ich würde lieber andere Länder in Europa bereisen.

Interview mit Mahdi A. am 15.07.2020 in Berlin

    Footnotes

  • 1Landesamt für Gesundheit und Soziales, war bis 2016 die zentrale erste Anlaufstelle für Geflüchtete in Berlin, bei der u.a. vorläufige Identitäsnachweise ausgegeben wurden.

The whole beginning was very strange. I just had no idea where I was, what I was doing, what I was supposed to do, where I was supposed to sleep. I just had no idea. But this man who helped me had been in Germany for two years and he said I had to go to the Hauptstraße and register there. First I registered there, at the LaGeSo, 11Landesamt für Gesundheit und Soziales, engl. State Office for Health and Social Affairs, was the central intial reception office for refugees in Berlin until 2016. Among others, it delivered provisional identity papers. they took fingerprints and gave me a paper, something like an ID card. But I had nothing to sleep yet. Then they gave me a piece of paper where I should sleep, which home I could go to – and then I was in a home in Lichtenberg, in Friedrichsfelde-Ost. There were only refugee youths under the age of 18.

The atmosphere there was not so pleasant for me. I had such a strange feeling because I thought that anything could happen here. Because I was here without parents. The others too, but there were also people who were older than 18 but who claimed to be under 18. Most of them were Afghans from Iran, like me. There were also people from Syria, from Iraq and so on. The first three weeks it was a bit strange, but then the mood got a bit better, because then I had friends. I got to know other young people. Then it was okay. I was there for three months and then all the young people were supposed to move to another home at Alexanderplatz. There was a very large hostel with three or four floors – all full of underage refugees. Our group was on one floor. That was a bit more strenuous because it was much bigger. If we wanted to eat, we had certain schedules.

I didn’t have school for eight months because there were no places. In the eight months there was nothing to do. I hung around at home, played soccer with friends, learned a little German … but since I knew English, I didn’t learn that much German. I even played for the other interpreters. This waiting time was a waste of time.

Then I went to school, first to the welcome class to learn German. After four months I finished B1, then I was allowed to go to normal school. The school was in Wedding, at Gesundbrunnen. That was the eighth grade of secondary school. I was there for three years and then I graduated last year with my secondary school diploma. At the first attempt I was lucky, I did not have to repeat anything. Now I still go to school, I’m doing my vocational baccalaureate. I already passed the first year, and now I only have to go to school for one more year. I am at a school for fashion design. I would like to study something in the direction of fashion. […]

Who would not like to get a German passport? But that is not my goal in life. My life goal was to live in peace, to make my own decisions, to build my own future – something I couldn’t do in Iran. In Iran I was like a slave who was supposed to work every day without any future. I had no idea what I could do next year. But here I have an idea for next year. Next year I will do my vocational baccalaureate, I hope that it works out that I will pass my exams. In Iran that was not possible. That is my goal: to have a normal life. Without being criticized because I am Afghan.

About Berlin

Berlin is my city. I am very proud that I live in Berlin. Because I also have friends in other cities in Germany who are all envious because they think Berlin is cooler. And I also find Berlin cooler than the many cities I have been to in Germany. Nowhere is it like in Berlin. Berlin is multicultural, there are people from many different countries. The atmosphere in Berlin is simply more relaxed. That is why I like living in Berlin.

It is not quite like being at home. I live alone and often have to deal with loneliness. But I have friends, I know my way around. When I go somewhere, I don’t need Google Maps. Otherwise I would say I feel at home in Berlin – sometimes I am alone. […] In a year’s time I might be a Berliner. I still don’t have as much contact with German young people – not like those who were born here. That’s why I still need some time, maybe a year.

I don’t really long for Iran. I would like to visit my family sometime. But I have never missed Iran itself. I would rather travel to other countries in Europe.

Interview with Mahdi A. on 15.07.2020 in Berlin

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  • 1Landesamt für Gesundheit und Soziales, engl. State Office for Health and Social Affairs, was the central intial reception office for refugees in Berlin until 2016. Among others, it delivered provisional identity papers.

Mahdi A. was born in December 2001 in Iran, in the capital Tehran. His parents came from Afghanistan, but had fled to Iran forty years earlier because of the war in Afghanistan. Mahdi’s mother died when he was still a child. Mahdi’s father is still in Iran, where he is in a constant state of emergency due to the poor economic situation. Mahdi has two little siblings who also live in Iran.

Since the end of the 1970s, many Afghans have fled the war-torn country to neighboring Iran. Their number is estimated at more than three million, more than half of whom are undocumented. This makes Iran the country with the second-highest number of Afghan refugees after Pakistan. Their situation is very precarious: they work in the informal sector, have no fair access to an asylum procedure and are repeatedly threatened by arbitrary deportation waves. 11For the situation of Afghan refugees in Iran see Grawert, Elke: Rückkehr afghanischer Flüchtlinge aus Iran, in: bpb, 2018, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/277617/rueckkehr-afghanischer-fluechtlinge (26.10.2020). And: Human Rights Watch: Iran: Afghan Refugees and Migrants Face Abuse, in: Human Rights Watch, 2013, https://www.hrw.org/news/2013/11/20/iran-afghan-refugees-and-migrants-face-abuse (26.10.2020).

At the age of twelve Mahdi decided to flee to Europe because of the difficult political situation in Iran and the racism against Afghans present there. At the age of fourteen, he set off by car and on foot to Turkey, from there to Greece and across Europe to Berlin.

After his arrival in Berlin, Mahdi lived for over a year in various shelters for refugees until he moved into a shared apartment. Mahdi graduated from secondary school and is now doing his vocational baccalaureate at a school for fashion design. Since 2018 he has a residence permit in Germany, which is valid until 2021. Then he has to apply for an extension for another three years. His hope is to study or do an apprenticeship in Germany until then, so that he can get another extension of his residence permit and sometime an unlimited residence permit.

In the interview excerpt, Mahdi tells how helpless he felt after his arrival in Berlin. He describes where he lived for the first year and that it took eight months before he could go to school. Then his situation improved. Today he says that he does not yet feel completely at home in Berlin, he still needs some time. Despite that, he claims to be proud and happy about living in the city.

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  • 1For the situation of Afghan refugees in Iran see Grawert, Elke: Rückkehr afghanischer Flüchtlinge aus Iran, in: bpb, 2018, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/277617/rueckkehr-afghanischer-fluechtlinge (26.10.2020). And: Human Rights Watch: Iran: Afghan Refugees and Migrants Face Abuse, in: Human Rights Watch, 2013, https://www.hrw.org/news/2013/11/20/iran-afghan-refugees-and-migrants-face-abuse (26.10.2020).

The interview with Mahdi A. was conducted on 15.07.2020 by We Refugees Archive in Berlin.

Translation from German into English © Minor Kontor.